Geschichten aus dem Dienstleben

Die schläfrige Irrfahrt

Wir hatten einen Hauptmann mit einer besonderen, aber lästigen Eigenschaft: sobald er auf dem Beifahrersitz in PKW Platz genommen hatte, nickte er ein. Er schaffte es kaum, den Ausweis nach Passieren der Torwache wieder einzustecken. Unsere intelligenten und zuverlässigen Kraftfahrer waren das gewöhnt und sorgten für Ordnung und Sicherheit.

Einmal war es erforderlich ein Minensuchgerät aus dem Pioniergerätelager zu einem (Militär)Flugplatz zu bringen - der Hauptmann erhielt den Auftrag, wies den Kraftfahrer (phonetisch) an: "Nach Garz" und entschlummerte. Navigation mit GPS gab es damals ja noch nicht und man war auf die Straßenkarten angewiesen.

In Gartz an der Oder -erste alphabetische Poition in der DDR-Ortsliste- angekommen wurde der Hauptmann geweckt. Er erkundigte sich bei einem Straßenpassanten, wo denn der Flugplatz sei und erhielt zur Antwort: einen Fluplatz gäbe es hier garnicht. Aber es gab einen Hinweis, dass es auf der Insel Rügen einen Ort mit Namen Garz gäbe, der einen Flugplatz habe.

Also wurde das Gerät und der schlafende Hauptmann auf die Insel Rügen expediert. Dort angekommen stellte sich heraus, dass es zwar einen kleinen Flugplatz gibt - aber für die "Düngerbomber" vom Agrarfliegerstützpunkt.

Laut Straßenkarte gab es nun noch einen Ort: Garz auf der Insel Usedom. Man fuhr nun dorthin - Volltreffer: es war der richtige Fluplatz, der heutzutage Heringsdorf genannt wird und damals den Luftstreitkräften als Ausweichplatz diente, wenn Stammflugplätze saniert wurden.

Knapp 500 Kilometer und eine Nacht durchgefahren.

Übrigens:
Der Hauptmann ließ sich öfters abends in die Kreisstadt fahren und der Fahrer musste stundenlang warten. Einmal schlief der Hauptmann bei der Rückfahrt so fest, dass er, beim Ledigenheim angekommen, nicht munter zu kriegen war. Also griff der Fahrer zu seiner Lösung: er stellte den PKW samt schlafendem Hauptmann in der Kaserne im KfZ-Park ab. Wie das zwischen den Beiden ausgegangen ist, kam nie raus.